Ausstellung Württemberg wird evangelisch

Mission, Austausch und Dialog gehören zur Evangelischen Landeskirche seit ihren Anfängen. Das Landesmissionsfest 2009 nimmt teil am landeskirchlichen Jubiläum. Teile der landeskirchlichen Ausstellung sind zu Gast in Blaubeuren. Die Ausstellung gibt Einblicke in die Geschichte der Landeskirche und einzelner Gemeinden im Kirchenbezirk Blaubeuren.

 

Ort:

Urgeschichtliches Museum Blaubeuren; Karlstr. 21

Öffnungszeiten:

Di bis So 11.00 - 17.00 Uhr

Eintrittspreise: (einschl. urgeschichtl. Ausstellung)

EUR 3,50, erm. EUR 2,50, Familienkarte EUR 8,00

Gruppenpreise auf Anfrage

 

Weitere Informationen zum Urgeschichtlichen Museum

Erzbischof Matta Roham (links) und Pfarrer Thomas Ströbel beim Ballonstart

Erzbischof Matta Roham (links) und Pfarrer Thomas Ströbel beim Ballonstart

475 Ballons starteten im Hof des Blaubeurer Klosters zur Feier des Beginns der Reformation im Württemberg. Am 16. Mai 1534 wurde von der Kanzel der Stuttgarter Stiftskirche die erste öffentliche evangelische Predigt gehalten.

Vortrag von Pfarrer Dr. Wolfgang Schöllkopf

Dr. Wolfgang Schöllkopf im Chor der evang. Stadtkirche Blaubeuren

Dr. Wolfgang Schöllkopf im Chor der evang. Stadtkirche Blaubeuren

Dass historische Vorträge alles andere als langweilig sein müssen, das zeigte sich bei Pfarrer Dr. Wolfgang Schöllkopf, der rund 50 Zuhörer mit auf die Spurensuche der Reformation in Blaubeuren nahm. Der launige und interessante Vortrag stand im Zusammenhang mit der Eröffnung der Ausstellung „475 Jahre Reformation in Württemberg“, die noch bis Ende des Monats im Urgeschichtlichen Museum zu sehen ist.

 

„Der mittelalterliche, altwürttembergische Grenzort Blaubeuren ist ein guter Ort, um die Spuren der Reformationsgeschichte aufzuzeigen“, meinte Schöllkopf. Der Pfarrer hat derzeit eine Sonderstelle für den Aufbau und die Begleitung der Ausstellung zum Reformationsjubiläum in der Stuttgarter Schlosskirche inne.

 

Württemberg befand sich zur Zeit der Reformation geopolitisch zwischen den Mächten Frankreich und Habsburg. „Geotheologisch“ lag man zwischen der Lutherischen Reformation im Norden und der Schweizerischen Reformation durch Zwingli im Süden. Der württembergische Herzog Ulrich kehrte nach der Schlacht bei Lauffen im Mai 1534 wieder nach Württemberg zurück. Zuvor war das Land 15 Jahre lang von den Habsburgern regiert worden. In der Stuttgarter Stiftskirche wurde am 16. Mai 1534 der erste öffentliche evangelische Gottesdienst gefeiert.

 

Diese beiden Ereignisse markieren den Beginn der Reformation in Württemberg. Gedanken der Reformation waren jedoch schon früher etwa durch Schriften, Flugblätter oder Menschen, die Luther begegnet waren, ins Land gesickert. Nach dem Wormser Edikt, das die Verbreitung von Luthers Lehre untersagte, nicht ohne Gefahr für Leib und Leben. Und hier kommt ein waschechter, gebürtiger Blaubeurer ins Spiel: der evangelische Arzt Johannes Magenbuch war ein Förderer der Reformation, durch ihn kamen Luthers Gedanken auch nach Blaubeuren. Magenbuch studiert in Tübingen Medizin und besucht theologische Vorlesungen. Vom Gedankengut Luthers beeinflusst zieht er nach Wittenberg, von dort schreibt er Briefe an die Eltern nach Blaubeuren, die noch am alten Glauben hängen. Er behandelt Luthers „sauren Magen“ und wird später Arzt von Kaiser Karl V. Ihm wird die Freiheitsschrift von Luther besonders wichtig, so dass er schreibt er fühle sich „zum Glauben und guten Werk befreit“. Er wird Arzt in Nürnberg und einer der wichtigsten Beförderer der Reformation im Süddeutschen Raum.

 

Augustin Bader gründete eine geistliche Communio in der Mühle zu Lautern, die zu Blaubeuren gehörte. Er hatte Visionen, sah sich als Messias, ein Stern sei auf ihn gefallen, so der Schwärmer. Er wurde verhaftet und mit seinem eigenen vergoldeten Schwert geköpft.

 

Sehr spannend sei das Kapitel Kloster und Stadt bei der Einführung der Reformation in Blaubeuren gewesen, sagte Schöllkopf. 1522 gab es in Blaubeuren einen kraftvollen, aufblühenden Konvent. 1534 wurde das Klostergut konfisziert. Mönche und Nonnen wurden nach alten und neuen Christen sortiert. Wer sich dem neuen Glauben nicht anschließen wollte wurde in Maulbronn „kaserniert und hörte täglich zwei evangelische Predigten“. Half alles nichts, gab es noch die Möglichkeit die Ordensleute in Ruhestand zu versetzen mit herzoglichem Ruhegeld.

 

Matthäus Alber war der erste evangelische Abt der neu eingerichteten evangelischen Klosterschule in Blaubeuren. Er hatte sich zuvor schon einen Namen als Reformator der Stadt Reutlingen und Stiftsprediger in Stuttgart gemacht. Ihm ist auch die Rettung des Hochaltars vor der angeordneten Zerstörung zu verdanken. Alber liegt in der Stadtkirche nahe des Taufsteins begraben. Johannes Karg, genannt Parsimonius, war Initiator des ersten württembergischen Kirchengesangbuchs und Pfarrer in Blaubeuren. Desgleichen auch Lukas Ossiander, ein Enkel von Johannes Magenbuch, der als Geistlicher in seiner Gemeinde so wirkte „dass ihn alle lieb haben“, wie vermerkt wurde.

 

Die Ausstellung zeigt neben Informationen zur Reformation in Württemberg auch Exponate aus dem Blaubeurer Kirchenbezirk. So eine leere Bombenhülle, die lange Zeit als Ersatzglocke in der Markbronner Kirche zum Einsatz kam. Eine Holztafel mit den Namen der ersten Blaubeurer Pfarrer und Dekane ab dem Jahr 1557 ist zu sehen. Teile der Seißener Trachtenkrippe sind ausgestellt oder ein „Konkordienbuch“ aus dem Jahr 1580 aus Berghülen. Das neue, reformatorische Glaubensverständnis, wurde vom Blaubeurer Pfarrer Ralf Luginsland eindrücklich in der Ausstellung in Szene gesetzt. Er stellte einer Reliquienschale aus der Blaubeurer Kirche der stark bearbeiteten und beanspruchten Bibel der ehemaligen Blaubeurer Mesnerin Martha Frey gegenübergestellt. Allein Christus, allein die Schrift -  Spuren der Reformation bis heute.

 

(Autorin: Margot Autenrieth-Kronenthaler)